Sekitsch in der Batschka 1786 - 1944



ev. Kirche, Gemeindehaus und Schule in Sekitsch




Geographische Lage

Die Batschka war eines der deutschen Siedlungsgebiete in Südosteuropa, die in den drei großen Schwabenzügen von deutschen Kolonisten besiedelt wurde. Sie ist die fruchtbare Ebene zwischen dem Unterlauf der Theiß und der mittleren Donau. Sie erstreckt sich von Baja bis Titel. Ihre Grenzen sind im Osten die Theiß, im Süden und Westen die Donau und im Norden die ungarischen Komitate "Pest-Pilis-Solt" und "Csongrad". Koordinaten:
36°45` - 38°15` östlicher Länge und 45°10`- 46°11` nördlicher Breite.
Sekitsch liegt in der Batschka, einem Teil der Vojvodina im heutigen Serbien/Montenegro, nördlich von Novi Sad an der Eisenbahnstrecke Novi Sad - Subotica.

Grafik von Roland Schmidt aus " Der Turmhahn" Heft 3


Der Name des Ortes
Der Sekitscher Chronist Johann Jauß erwähnt in seinem Buch "Szeghegy im ersten Jahrhundert seines Bestandes", dass der Ort, -er spricht von Szeghegy-, im Jahre 1570 31 und im Jahr 1590 37 christliche Untertanen hatte, die Kopfsteuer zahlen mussten. Mit oder noch vor der Vertreibung der Türken verschwindet Szeghegy als bewohnter Ort und wird nur noch als menschenleere Pußta erwähnt. Erst mit dem Jahr 1786, mit der Ansiedlung unserer Voreltern, kommt Szeghegy wieder zur Bedeutung. Die ältesten Urkunden nennen den Ort, die Pußta, unter dem Namen "Szekity". Bis etwa 1810 wird der Ort noch "Szikity", "Szikits" und "Szekits" genannt. In einer Urkunde aus dem Jahre 1786 heißt der Ort "Zehich", auf einer anderen, im Jahre 1805 ausgestellten Urkunde heißt der Ort "Szeg-Hegy". Von 1810 ab kommen die Namen "Szeghegy" und "Szekity" oft gleichzeitig vor. Ab 1818 galt als amtliche Ortsbezeichnung der Name "Szeghegy". Nach dem 1. Weltkrieg fiel der südliche Teil der Batschka (ab Subotica) an Jugoslawien. Die amtliche Ortsbezeichnung änderte sich in Sekic (sprich Sekitsch). Nach der Vertreibung der ortsansässigen Bevölkerung heißt der Ort Lovcenac.


Sekitsch 1786
    
Sekitsch 1802
    
Sekitsch 1828


ethnographisch-topographische
Beschreibung der Gemeinde Szeghegy von 1860


Unter dem Titel Sammlung und Lieferung ethnographisch-topographische Beschreibung der Gemeinde Szeghegy ist uns ein Dokument erhalten geblieben, das uns Einblick gewährt über die Verhältnisse unserer Heimatgemeinde Sekitsch im Jahre 1859. Die Beschreibung datiert unter dem 25.1.1860 und ist unterschrieben vom damaligen Gemeinderichter Philipp Hartmann. Obwohl die Kopie der Beschreibung nur sehr schwer zu entziffern ist, gelang es trotzdem, den ersten Teil vollständig zu "übersetzen". Wir bringen hier den

I. Abschnitt<

A. GESCHICHTE DES ORTES

Szeghegy (Szikits) entstand im Jahre 1786 durch Patental Ansiedlung; bestand ursprünglich aus 220 Häusern, welche sich bis auf 480 vermehrt haben. Den Namen dürfte das Dorf von den es umgebenden Bergen oder vielmals Hügeln(hegy) erhalten haben. Die Ansiedlung, welche damals aus 1624 evangelischen Seelen bestand, fand im J. 1786 aus verschiedenen Theilen Deutschlands statt. Diejenigen, welche sich zur Ansiedlung entschlossen, wurden bei der ungarischen Hofkanzlei in Wien verzeichnet, dort mit einem Reisegeld von 2 fl versehen und reisten von da gemeinschaftlich nach Ofen; Daselbst gaben sie ihre erhaltenen Pässe ab, wurden mit frischen versehen und reisten neuerdings bis Zombor. Hier wurden ihnen die Pässe abgenommen, sowie dieselben Bücheln erhielten, worin die einzelnen Familienglieder unter und ü zehn Jahre verzeichnet waren und danach die ihnen abkommenden Viktualien als: Für einen grossen Kopf 2 kr und eine halbe Mehl, für einen kleinen Kopf l kr und ein Seidl Mehl vertheilen zu können. Quartiere erhielten sie in den umliegenden angesiedelten Ortschaften. Die Ansiedler wurden auch auf 10 Jahre von allen Abgaben und Roboten befreit. Eine Familie erhielt vom Ansiedlungs- Rentamte:
l Kuh oder 18 fl • l Bettstatt • l Strohsack • l Teppich • 6 Säcke • l Backmulder • l Axt • l Bratpfanne • l Grabschaufel • l Mistgabel • l Spinnrad • l Mehlsieb • l Brotschießer, l Wasserzuber • l Melkkübel und l Butterfaß.
Die Bauernfamilien erhielten außerdiesen:
4 Pferde oder 22 fl für jedes • l kurzen u. l langen Zaum • 4 Halftern • 8 Zugstränge • 2 Spannstricke • l unbeschlagenen Wagen • l Pflug sammt Zugehör • l Schleife • l Beil • l Haue • l Schaufel • l hölzerne Gabel • l Sense sammt Wetzstein • 2 Sicheln • l Tengelgeschirr • 2 Bohrer • l Schneidemesser • l Handsäge • l Wagenseil • l halbe oder viertel Session Feld • mit Winter- und Sommerfrüchten angebaut • nebst den dazugehörigen Wiesen.
Die Saatfrüchte mußten rückgestattet werden. Jeder Professionist erhielt 50 fl zur Anschaffung seines Werkzeuges.
Der neu angesiedelten Gemeinde wurde ferner eine ganze, für die beiden Lehrer je eine halbe und auch dem Notar eine halbe, dem Pfarrer endlich eine ganze Session Feld gegeben.
Die vom Aerar der Gemeinde übergebenen Gebäude für Schule, Pfarrwohnung, Notariath Quartier und Gemeindehaus wurden bald darauf erweitert, bis in die Jahre 1820-1840 das Pfarr- und Notariatsgebäude ganz neu aufgeführt wurden. Die evangel. Kirche A.C. wurde im Jahre 1814 ganz aus Gemeindemitteln neu aufgebaut. Die Zahl der Eingewanderten belief sich auf 1624 Evangelische A.C., 71 Evangelische Reformierte, 51 Catholiken und 5 Juden, zusammen auf 1751 Seelen. Bis zum heutigen Tage haben sich nur noch einige R.C. erhalten. Die Reformierten sind gänzlich verschwunden.

B. LAGE DES ORTES

Szeghegy liegt in einem oberhalb Pacser anfangenden und unterhalb Sz.Tamäs im Theisser-Bezirks-Distrikt am Franzens Canale endenden Thale. Der Ort ist gegen die Morgen- und Abendseite von Weingärten, in welchen sich auch 36 Wohnhäuser befinden, gegen Mittag von dem gegen Sz.Tamäs fließenden Morastgewässer und gegen Mitternacht von den zum Dorf gehörigen Trettplatzen begränzt. Das kk. Bezirksamt, kk. Aerar Amt befinden sich in Kula. Die kk. Bezirks Behörde, das Grundbuch Amt und das kk. Bezirks Gericht in Zombor, der.......... in Neusatz, der nächste kk. Gendarmerie Posten in Kis Hegyes.

C. VORHANDENE ÄMTER UND BEHÖRDEN UND VEREINE

Außer dem Gemeinde Amte befindet sich daselbst kein Amt, auch kein Verein.

D. COMMUNICATIONS MITTEL

Es führt daselbst eine Straße von Neusatz ü Sz.Tamäs nach Topolya und M.Theresiopel (Szabadka) sowie auch eine von Kula gegen O.Becse. Da die Straßen von keinem harten Material erbaut sind, so werden sie bei stark anhaltendem Regenwetter beinahe gänzlich unbefahrbar.

E. GEBIRGE

Sämmtliche auf dem hierortigen Terrain vorkommenden Erhöhungen sind vielmehr Hügel als Berge zu nennen. Das ganze Dorf ist von diesen Hügeln umgeben. Von Westen nach Osten findet sich ein enger Durchstich, welcher auf das neben dem Dorfe fließende Morastwasser zuströmt. Die eine dieser Erhöhungen gegen Hegyes gelegen, wird Vadas genannt. Die anderen haben gar keinen Namen. Der übrige. Teil des Hotters bietet nur ganz unmerkbare Erhöhungen und Vertiefungen dar.

F.G. LANDSCHAFTSBILDER UND FERNSICHTEN

Bei dem Umstande, als sich die hiesigen Gebirge kaum 4 oder 5 Klafter über die Ebene erheben, sind auch die Fernsichten und Landschaftsbilder fast unbedeutend, jedoch kann man bei gutem Wetter das ganze sich längs der Donau hinziehende Gebirge, sowie auch manche gegen die Donau hin gelegene Ortschaften sehen.

H. GEWÄSSER

Außer dem bereits öfter erwähnten Morastgewässer, sind keine mehr vorhanden. Dieses entspringt oberhalb Pacser, passiert die Ortschaften Bajsa, Hegyes, Szeghegy, Feketehegy und mündet unterhalb Sz.Tamäs in den Franzens Canal. Gegen Nordost bildet dieses Wasser mehrere kleine Seen oder Sümpfe. Es pflegt häufig zu geschehen, daß bei einem trockenen Sommer das Wasser ganz zu fließen aufhört, sondern nur noch an den tiefer gelegenen Stellen kann man noch welches sehen.

I. HÖHLEN

Sind keine vorhanden.

K. RUINEN; SCHLÖSSER; MONUMENTE; DOKUMENTE

sind keine vorhanden.

Abschnitt B und H von Philipp Sandles kommentiert

In der "Sammlung und Lieferung der Daten für eine ethnographischtopographische Beschreibung der Gemeinde Szeghegy" heißt es:
"Der Ort ist...gegen Mittag von den gegen Sz.Tamäs fließenden Morastgewässer...begränzt."
Und an anderer Stelle heißt es:
"Außer dem bereits öfter erwähnten Morast-Gewässer sind keine mehr vorhanden. Dieses entspringt oberhalb Pacser, passiert die Ortschaften Bajsa, Hegyes, Szeghegy, Feketehegy und mündet unterhalb Sz.Tamäs in den Franzens Canal."
Zweimal wird hier der Begriff "Morastgewässer" gebraucht, wo doch feststeht, daß es sich dabei nur um den Bach "Krivaja", unseren "Grawe", handeln kann, den wir weiß Gott nicht als Morastgewässer in der Erinnerung haben. Warum dann also dieser Begriff?
Wie wir wissen, wurde 1802 der Franzenskanal fertiggestellt. Er nahm nach seiner Fertigstellung die "Krivaja" als Nebenfluß auf. Auch vor seiner Fertigstellung mußte das "Morastgewässer" den gleichen Weg - wenn auch noch ungeregelt - geflossen und irgendwo in die Theiß gemündet sein. Weil dies damals ohne die regulierende Wirkung des Kanals wohl noch nicht so zügig geschehen konnte, bildete sich sumpfiges, morastiges Gelände, das zu besagtem Begriff berechtigte. Je länger der Kanal seine regulierende Wirkung tat, desto mehr trockneten die Sümpfe aus und verschwanden schließlich ganz. Der Begriff "Morastgewässer" hielt sich freilich noch lange, so daß er von den Verfassern der "ethnographisch-topographischen Beschreibung" auch 1860 noch gebraucht wurde. Die besagten Sümpfe waren aber auch durch den zeitweise hohen Grundwasserspiegel verursacht. Die Besiedlung unseres Heimatortes mit deutschen Einwanderern war die Folge solch hohen Grundwassers in der Batschka. Wir können das im Kapitel "Sekitsch - Eine Laune der Natur" nachlesen. Eine der segensreichen Wirkungen des Franzenskanals war auch die Aufnahme und Ableitung dieses Grundwassers. Und diese Wirkung erstreckte sich auch auf die "Krivaja", als sie dem Kanal angeschlossen wurde. Sie konnte nun ihrerseits mehr aufgenommenes Grundwasser an den Kanal weitergeben. Die Folge war das Verschwinden des morastigen Geländes.
Es wäre eine interessante Aufgabe zu erforschen - sofern dies überhaupt möglich ist - welchen Anteil die morastigen Sümpfe an der Verbreitung von Seuchen und Epidemien unter den Ansiedlern und den ihnen folgenden Generationen im Laufe der Zeit hatten. Das wird wohl ein Geheimnis bleiben.
Die "Sammlung und Lieferung...", erstellt am 25.Januar 1860 unter dem damaligen Ortsrichter PHILIPP HARTMANN, enthält aufschlußreiche Informationen über die klimatischen Verhältnisse im Jahr 1859. Das ganze Jahr über wurden täglich die Temperaturen gemessen und die Wetterverhältnisse aufgezeichnet. Aus diesem umfangreichen Zahlenmaterial lassen sich folgende Ergebnisse ermitteln:

1. Monatliche Durchschnittstemperaturen in Celsiusgraden
morgens mittags abends
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember
3,74
3,14
3,97
7,00
11,42
12,93
16,13
13,48
8,50
6,65
3,33
2,58
2,97
5,29
8,48
12,67
16,61
17,33
24,19
23,68
13,03
12,10
4,73
2,06
2,90
2,71
4,94
9,75
12,94
13,77
17,65
15,52
10,13
8,35
3,03
1,74
Im Jahresmittel 7,77 11,93 8,6
Die höchste Tagestemperatur wurde am 12.August mittags mit 39,5 Grad gemessen.

2. Wetterverhältnisse: An den 365 Tagen des Jahres herrschte folgendes Wetter:
Sonnenschein: 179 Tage, davon 41 Tage mit Wind und 4 Tage mit Morgennebel.
Regen: 68 Tage.
Bedeckter Himmel: 43 Tage, davon 17 Tage mit Wind.
Veränderliches Wetter: 48 Tage. Abwechselnd Sonnenschein und Eintrübung, gelegentlich mit Regen.
Schneefall: 20 Tage.
Nebel: 7 Tage, davon 3 Tage mit Wind.
Die meisten Tage mit Sonnenschein (28) hatte der Juli.
Die meisten Regentage (14) der Oktober.
Im Januar fiel überhaupt kein Schnee, dafür im Februar an 8, im März an 3 und im Dezember an 9 Tagen.
An insgesamt 61 Tagen herrschte zum Teil starker Wind.
Die "Sammlung..." enthält darüberhinaus auf 48 Seiten viele weitere interessante Informationen, die einer Veröffentlichung wert wären, doch häufig ist die Schrift leider fast unlesbar, so daß uns der Blick ins vergangene Jahrhundert unserer Heimatgemeinde vielfach versagt bleibt.


Das donauschwäbische Dorf


Die Besiedlung der Batschka erfuhr durch die Türkenherrschaft (1526-1717) eine Unterbrechung. Die Siedlungen, die vor dem Türkeneinfall vorhanden waren, sind fast gänzlich verschwunden. Die Landschaft der Batschka war, nachdem die Türken vertrieben waren, in den Naturzustand zurückgesunken. Jetzt galt es, sie in langwieriger mühevoller Arbeit in eine Kulturlandschaft zu verwandeln.
Nach der Vertreibung der Türken waren zunächst nur noch Rohrhütten ("tugurias") vorhanden, von denen nur das Dach über dem Erdboden lag. Die Karten der Batscher Kameralverwaltung aus den Jahren 1762-64 weisen auf den Gemarkungen solche Hütten auf. Jene wenigen Siedlungen, die die Türkenzeit überstanden haben, waren in den 1780er Jahren noch die sog. Haufendörfer. In der Batschka standen die Häuser in diesen Dörfern eng und unregelmäßig zusammengedrängt. Die nach der Vertreibung der Türken planmäßigen Neugründungen waren zunächst Straßendörfer mit großen, geräumigen Gehöften. Erst seit etwa 1760 kam die geometrische Dorfanlage. Die geregelte Dorfanlage verdrängte die alte Form des Haufendorfes. Sie brachte auch eine geregelte Flurform. Die im Rahmen der Schwabenzüge errichteten Ansiedlerdörfer waren vom zugehörigen Land getrennt. Sie lagen in der Regel in der Mitte der Gemarkung, um so überallhin einen gleichmäßig günstigen Zugang zu ermöglichen.
Das Batschkaer Dorf, eine ländliche Siedlung, war in seiner Lage, Form und Größe durch die bäuerliche Arbeit bestimmt. Bestimmend war das Einfamilienhaus. Zuständig für die ingenieurmäßige Planung der josephinischen Dörfer war der Kameralingenieur Joseph KISS.

Die Grundsätze für die Errichtung der Dörfer waren:
  1. Standort des Dorfes möglichst in zentraler Lage, um die Felder schnell erreichen zu können
  2. Standortwahl so, dass eine Gefährdung durch überschwemmungen vermieden wurde
  3. Anordnung und Abstand der Häuser so, dass ein Übergreifen von Feuer vermieden wurde
  4. Genügend Raum auf dem Marktplatz des Ortes für die der Allgemeinheit dienenden Gebäude
    (Bethaus, Gemeindehaus, Pfarrhaus, Schule, Herrschaftswirtshaus, Fleischbank usw.)
  5. Lage der Tretplätze am Dorfrand
  6. Pflanzung von Maulbeerbäumen in den Hauptgassen zur Förderung der Seidenraupenzucht
  7. Hausnachbarn sollten möglichst auch Feldnachbarn werden

Hauptgasse in Richtung Hegyes
Die Kolonistendörfer in der Batschka waren "Schachbrettdörfer". An den langen Dorfstraßen standen die schmucken Häuser mit ihrer Giebelseite der Straße zugewandt. Vor den Häusern verlief der gepflasterte Bürgersteig und davor standen die Maulbeer-, Akazien-, Linden- und Kastanienbäume. Dann kam der Straßengraben und in der Mitte je nach Jahreszeit der staubige oder schlammige, breite Fahrweg. In der Dorfmitte stand die Kirche und in unmittelbarer Nähe das Gemeindehaus.
Die Hauptgassen waren bis zu 45 Meter breit, die Seitengassen bis zu 23 Meter. Die josephinischen Neusiedlungen waren Gassendörfer. Sie wurden an den wichtigsten Straßen angelegt und hatten in der Regel drei parallellaufende Langgassen und mehrere Quer- oder Kreuzgassen. Durch die mittlere Langgasse (Hauptgasse) führte die Fernstraße. In Dorfnähe lagen häufig die Weinberge und in oder bei ihnen die Weinkeller. Jedes Dorf hatte seine "Hutweide", auf der die Viehherden weideten. Die Bauern verfügten außerhalb des Dorfes auf der Gemarkung über Felder, auf denen die "Sallasche" (Gutshöfe) standen. Sie lagen gewöhnlich in der Mitte des Feldes.

Ansiedlerhaus
Die Ansiedlungshäuser wurden einheitlich nach Plänen aus Wien gebaut. Das theresianische Ansiedlungshaus bestand entweder aus Stube und Küche (Typ A) oder aus Stube, Küche und Kammer (Typ B) mit 3 Türen und 3 Fenstern. Das josephinische Ansiedlungshaus war größer. Es war 11 Klafter lang, 3 Klafter breit und 8 Fuß (Schuh) hoch und bestand aus Zimmer, Küche und Kammer und hatte einen Stall (l Klafter = 1,89m, l Fuß = 0,316m).
Die Ansiedlungshäuser wurden mit Lehm gestampft und mit Schilfrohr eingedeckt. Auf 10 Häuser kam ein Brunnen, der mit Ziegeln ausgemauert und mit einem Schwengel , an dem die Schöpfstange mit dem Schöpfeimer hing, versehen. Das Brunnengestell war aus Holz, später wurde es gemauert. Von der Lehmgewinnung für das Stampfen der Häuser blieben am Dorfrand die sog. Grundlöcher zurück, die häufig mit Wasser gefüllt waren. Der Dreiecksgiebel des Bauernhauses wurde bereits vor 1848 mit Backsteinen aufgemauert. Er überhöhte das Haus und gab ihm so mehr Ansehen.
Oft wurden die Jahreszahl der Errichtung und der Name oder die Initialen des Eigentümers mit Mörtel auf die Giebelfläche aufgetragen. Um 1850 entstanden reichverzierte, mit alten bäuerlichen Symbolen versehene Rundgiebel.

Langhaus
Aus dem Ansiedlerhaus entwickelten sich mit zunehmendem Wohlstand der Bevölkerung verschiedene neue Haustypen: das Langhaus, Querhaus und Winkelhaus. Das Langhaus stand mit dem Giebel zur Straße. Es hatte auf der Hofseite unter dem überhängenden Dach, das von Mauern, Bögen oder Pfeilern gestützt wurde, den "Hausgang" (Laubengang). Dessen Wand war geweißt oder mit Blumenmotiven ausgemalt. Der Boden war mit Steinplatten ausgelegt. Vor dem Laubengang rankten häufig Weinreben bis zur Dachrinne hoch und verliehen dem Gang so das Aussehen einer Laube.
Querhaus Das ans Langhaus später angebaute Querhaus stand parallel zur Straße und nahm häufig die ganze Grundstücksbreite ein. Es hatte dann in der Mitte ein Torgewölbe mit überdachter Einfahrt. Das Querhaus dokumentierte den Wohlstand des Eigentümers und galt als Statussymbol. Sein Zweck war aber auch die Schaffung zusätzlichen Wohnraumes, meist für die erwachsenen und verheirateten Kinder. Das Winkelhaus stand an Gassenecken. Seine beiden Teile verliefen parallel zur jeweiligen Straße.
Diese neueren Haustypen waren bereits mit Kot- oder Ziegelsteinen gemauert und hatten Ziegeldächer. Sie waren auch um weitere Stallungen und Scheunen erweitert und hatten oft eine Sommerküche. In den reichen donauschwäbischen Siedlungen gab es zum Schluß schon Häuser mit bis zu 12 Zimmern. Die Hofanlage des Hauses war in den meisten Fällen dreigeteilt. Im vorderen Hof befanden sich Blumengärten, der mittlere Hof war den Wirtschaftsräumlichkeiten (Schuppen, Stallungen usw.) vorbehalten und der hintere Hof enthielt die Wirtschaftsgärten (Obst und Gemüse). Die Teile waren mit Zäunen voneinander getrennt. Fast jedes Haus hatte seine Paradestube (Extrastube) mit den hohen Betten voller Kissen und die Kästen und Schränke voller Wäsche und Kleidung. Die Aussteuer wurde so zur Schau gestellt. Gewohnt wurde in der Küche und Kammer. In der Küche stand der "Sparherd", auf dem gekocht wurde. In der Kammer standen die Betten meist entlang der Wand. Das normale Bett bestand aus Strohsack, dünnem Federunterbett, Leintuch, Kissen und Zudecke (Bettziech). Darüber lagen das Vorhang-Leintuch (mit Spitzenbesatz) und die Bettdecke (Überdecke).
Die Wasserversorgung erfolgte über Brunnen, von denen es verschiedene Arten gab.


Rollenbrunnen

Schwengelbrunnen

Ziehbrunnen