Ereignisse
Die Schlacht bei Sekitsch am 14.Juli 1849
Dieses Bild ist dem Buch "Rat Hrvata s Magjarima 1848-9" (Krieg der Kroaten mit den Madjaren 1848-9), Zagreb 1902 entnommen. Es stellt die auch von Johann Jauß in seinem "Hundertjahrbuch" der Gemeinde Sekitsch ausführlich beschriebene Schlacht zwischen dem kroatischen Heerführer JELLASCHITSCH und dem ungarischen General GUYON dar und wurde von einem österreichischen Lithographen angefertigt. Aus der kroatischen Bildunterschrift ersehen wir, daß die Schlacht angeblich bei Hedjesch stattgefunden habe. Viele Geschichtsschreiber verlegten die Schlacht dorthin, obwohl nach Jauß viele Zeitzeugen Sekitsch als Kampfort bescheinigten. Dafür spricht auch, daß die Verwundeten in Sekitsch behandelt und die Gefallenen dort beerdigt wurden. Was uns dieses Bild zu verstehen gibt, ist, daß es sich immerhin um eine wichtige Schlacht der Revolutionsjahre 1848/49 gehandelt haben muß. Was sonst hätte einen österreichischen Künstler veranlassen können, sie in seinem Kunstwerk zu dokumentieren, wenn nicht ihre Bedeutung? Jellaschitsch selbst bezeichnet die Schlacht als die bedeutendste seines Lebens, obwohl er der Unterlegene war. Alles dies ändert aber nichts an der Tatsache, daß die ungarische Revolutionsarmee bald danach die Waffen strecken mußte
Die Szeghegyer Nationalgarde 1848
Johann Jauß schreibt in seinem Buch: "Szeghegy im ersten Jahrhundert seines Bestandes"
"Verpflichtet in die Nationalgarde einzutreten, war jeder Landesbewohne vom 20. Bis 50. Jahresalter, wenn er Besitzer von 2/4 Session Feld war oder ein reines Jahreseinkommen von 100 fl. hatte. Jedoch konnten auch andere, unbescholtene Landesbürger, freiwillig in die Nationalgarde eintreten, umso mehr, da der Dienst in derselben, als Ehrensache, als patriotische Ehrenpflicht betrachtet wurde….."
"Am 15. April 1848 wählte die vor dem Gemeindehause, militärisch angetretene Szeghegyer Nationalgarde, in Gegenwart des Ober- und Unterstuhlrichters, ihre Offiziere und Unteroffiziere".
"Die Szeghegyer Nationalgarde im Jahre 1848/49 bestand daher Alles in Allem aus 156 Mann, darunter 10 Freiwillige."
"Die Namen der 1848 Szeghegyer Nationalgarde sind folgende:"
Hauptmann: | Krumm Heinrich |
Oberlieutinant: | Gerber Jakob |
Unterlieutinant: | Freund Georg |
Adjutant: | Skultety Karl |
Unteroffiziere: | Erbes Konrad, Klauß Friedrich, Janzen Heinrich, Ziegler Leonhardt, Gerber Georg, Hartmann Filipp, Gerber August, Thomas Jakob, Müller Peter, Leibersperger Jakob, Bensinger Peter |
Tamboure: | Becker Johann. Lehr Andreas |
Exizirmeister: | Hollinger Konrad, Sieler Gottfried |
Gardisten: | Schmidt Georg, Freund Jakob, Diel Lukas, Ecker Ludwig, Keiper Heinrich, Raber Jakob, Diel Lukas, Wahl Filipp, Keller Johann, Gutwein Adam, Karius Peter, Janzen Jakob, Schübler Friedrich, Gebel Peter, Butscher Anton, Matthy Kristian, Roth Filipp, Held Michael, Weber Heinrich, Niedan Filipp, Rettenbach Wilhelm, Reyer Nikolaus, Scheer Jakob, Niedan Jakob, Zimmer Filipp, Ohlicher Konrad, Rettenbach Kristian, Gerber Andreas, Zeh Johann, Wittmann Georg, Freund Georg, Klauß Michael, Karger Filipp, Mandel Jakob, Scheer Michael, Lehr Jakob, Becker Stefan, Bieber Peter, Burger Jakob, Bender Ludwig, Sandleß Jakob, Sandleß Anton, Butscher Jakob, Karbiener Peter, Burger Konrad, Müller Lukas, Kilz David, Karbiener Peter, Tauß Adam, Scheer Peter, Exle Peter, Beron Nikolaus, Karius Filipp, Zimmer Filipp, Schneider Peter, Fetzer Lukas, Ringel Nikolaus, Gerber Peter, Butscher Filipp, Weber Heinrich, Weber Karl, Gerber Heinrich, Karbiener Theobald, Bieber David, Rothfuchs Johann, Gebel Georg, Loser Johann, Ringel Georg, Stein Heinrich, Krist Filipp, Neumann Friedrich, Neumann Georg, Schmelzer Kristian, Klauß Filipp, Schneider Michael, Haug Jakob, Sandleß Jakob, Exle Jakob, Becker Filipp, Haug Jakob, Ohlicher Ludwig, Heß Gottfried, Müller Theobald, Rothfuchs Georg, Exle Jakob, Neumann Filipp, Lamenek Heinrich, Scheer Heinrich, Thomas Peter, Schäfer Filipp, Grau Georg, Brodt Jakob, Bensinger Georg, Klein Michael, Bensinger Nikolaus, Gutwein Adam, Munsch Filipp, Lehr Ludwig, Lehr Jakob, Becker Kristian, Kinkel Eberhardt, Lehr David, Stengel Heinrich, Karbiener Ludwig, Schuster Georg, Haug Georg, Gruber Peter, Krist Michael, Schmelzer Georg, Morell Peter, Wagner Johann, Hellermann Peter, Bender Leonhardt, Meister Georg, Lehr David, Kinkel Friedrich, Stammler Peter, Roth Filipp, Bieber Georg, Stiefel Heinrich, Loser Leonhardt, Zeh Jakob, Gebel Filipp, Bensinger Kristian, Stehle Johann, Grau Ludwig, Gutwein Ludwig, Kesselring Leonhardt, Tauß Kristian, Schiffler Jakob, Wagner Andreas, Müller Filipp, Ziegler Peter, Edel David, Hegel Peter, Keller Jakob. | |
Das Denkmal der Schlacht
Zwei Artikel aus alten Zeitungen:
"Pester Lloyd vom 26.07.1895"
Eine patriotische Gemeinde.
Aus Topolya wird uns berichtet: Die Einwohner der Nachbargemeinde Szeghegy haben behufs Erforschung der Gräber der im Jahre 1849 in der Gemarkung von Szeghegy gefallenen Honvéds große Nachgrabungen veranstaltet. Damit verfolgten die Szeghegyer auch den Zweck, zu beweisen, dass die im Jahre 1849 am 14. Juli zwischen Guyon und Jellacsics geschlagene Schlacht von den Geschichtsschreibern irrtümlich "Hegyeser Schlacht" genannt wird, da dieselbe in der Szeghegyer Gemarktung, und zwar in der unmittelbaren Nähe der Gemeinde neben den Weingärten ausgefochten wurde. Die Nachgrabungen führten zu einem glänzenden Resultat, denn es wurden neun Gräber aufgefunden, in welchen etwa 90 Honvéds begraben sind. Die patriotischen Einwohner der Gemeinde Szeghegy ließen zur ewigen Erinnerung an die gefallenen Honvéds ein Monument errichten, welches Mitte August feierlich enthüllt werden soll.
Pester Lloyd vom 12. August 1895
Topolya, 11. August: Enthüllung eines Honvéd - Monuments
Aus Topolya meldet man uns: Die benachbarte Gemeinde Szeghegy war der Schauplatz eines erhebenden patriotischen Festes. Die biederen Einwohner der Gemeinde und Umgebung haben für die im Jahre 1849 in der Gemarkung von Szeghegy gefallenen heldenmütigen Honvéds aus eifrig gesammelten Liebesgaben ein prachtvolles Monument errichtet, welches Sonntag Vormittags im Beisein eines zahlreichen Publikums enthüllt wurde. Die patriotisch gesinnten deutschen Einwohner bereiteten sich schon längst auf dieses Fest vor, zu welchem sie auch die Nachbarortschaften einluden.
Zeitlich Morgens wurden die Häuser mit Nationalflaggen, Blumen und Teppichen geschmückt und in den Gassen wimmelte es von festlich gekleideten Leuten, die unter Musikklängen zu dem mit Blumen bestreuten Honvéd - Grabhügel zogen. Bei der Bahnstation wurde der Reichstags - Abgeordnete Ladislaus Kuzma von einer großen Deputation begrüßt. In seiner Anrede sagte er, dass er noch nie mit solcher Freude in seinen Geburtsort gekommen ist, als jetzt, wo seine Landsleute das eklatanteste Zeugnis ihres Patriotismus ablegen.
Von der Bahnstation begab sich der Zug zu dem in der Gemarkung der drei Gemeinden Topolya, Feketehegy und Szeghegy errichteten Honvéd - Denkmal, auf welchem die Damen des Bezirks nach einer schwungvollen Deklamation des Rechtshörers Josef Kiss einen großen Lorbeerkranz niederlegten.
Von da aus ging man zu den neu entdeckten Honvéd - Grabhügeln, welche von dem evangelischen Pfarrer Friedrich Engisch mit einer Rede eingeweiht wurden.
Während der Rede des Abgeordneten Ladislaus Kozma wurde das Monument enthüllt. Heinrich Jöckel hielt eine deutsche Rede, nach welcher der Großgrundbesitzer David Becker die von ihm verfasste Geschichte des Freiheitskampfes im Jahr 1848 verlas. Der Doktorand Géza Kun deklamierte das Gedicht "Elöre" von Koloman Tóth. Den Schluss der Feier bildete das Absingen der Volkshymne und des Szózat. In den Kasino-Lokalitäten fand ein zahlreich besuchtes, sehr animiertes Bankett statt, welches mit einem Tanzkränzchen endete.
Anmerkung:
Der Szózat (Aufruf) entstand zwischen 1835 und 1836 als Gedicht des ungarischen Dichters Mihály Vörösmarty unter dem Hintergrund der "Reformära" und wurde um 1839 erstmals vertont durch dem Komponisten Béni Egressy. 1843 erzielte eine überarbeitete Fassung bei einem Wettbewerb des Nationaltheaters für die beste Melodie zu Vörösmartys Gedicht den ersten Preis. Seit der Erstaufführung 1848 in Paris wurde der Szózat sofort populär und wird seitdem auch als "Ungarische Marseillaise" bezeichnet.
Text des Szózat
Hazádnak rendületlenullégy híve, ó magyar!Bölcsod az s majdan sírod is,mely ápol s eltakar.A nagy világon e kívülnincsen számodra hely.Áldjon vagy verjen sors keze -itt élned, halnod kell.
Text des Szózat in Deutsch
Deiner Heimat sei unerschütterlich treu, oh Ungar!Dies ist deine Wiege und dereinst auch dein Grab,die/das dich hegt und bedeckt.Auf der großen Welt gibt es sonst keinen Platz für dich.Mag die Hand des Schicksals dich segnen oder schlagen -hier musst du leben und sterben.
Ein altes Bild vom Denkmal
Es ist besonders erfreulich, dass wir zu unserem historischen Bericht über die Schlacht bei Sekitsch nun auch das einzige uns bekannte Bild vom "Steen" bringen können. Das Bild sandte uns Frau Eva NAGY geb. WALLRABENSTEIN aus den USA. Dr. Karl TAUSS schreibt zu diesem Bild: "Anlässlich des ungarischen Befreiungskampfes im Jahre 1848/49 (im 48er Krieg) fand auch bei Sekitsch eine Schlacht statt, wie es im 12.Kapitel des "Hundertjährigen Buches" von Johann Jauß auf den Seiten 167-200 zu lesen ist. Dort, wo die gefallenen Kriegshelden beerdigt wurden, errichtete man im Jahre 1895 einen Gedenkstein (in Sekitsch "de Steen" genannt), zu dem die Schuljugend alljährlich am 15.März mit einem Musikzug von ihrem Lehrer geführt wurde, um einen Kranz niederzulegen.
Die obige Aufnahme wurde am 15.März 1899 gemacht. Sie läßt auch einen Lattenzaun erkennen, der später durch ein Eisengitter, wie es auf unseren Friedhöfen üblich war, ersetzt wurde. Für uns am interessantesten auf dem Bild ist die Tracht der Kinder: bei den Knaben die runden Hüte und die Bakfonernen Knöpfe an den Westen, wie wir sie nur noch bei alten Männern in Erinnerung haben. Bei den Mädchen muß man unterscheiden zwischen der Kleidung der "Herrenkinder" mit den flachen Hüten und den zwei Mädchen mit der gewachsenen Sekitscher Tracht, mit den hinten gebundenen Brusttüchern, das eine mit Kopftuch, das andere ohne Kopfbedeckung. Der Lehrer könnte Michael KLEIN gewesen sein, der ja bis 1916 unterrichtet hat.
An de Spitze des Denkmals erkennt man das Drahtgerüst eines Kranzes, der wahrscheinlich noch von der Einweihung herrührte. Die mitgeführten Fahnen sind auch nicht zu übersehen und mit einiger Mühe läßt sich auf der einen sogar die Inschrift "Eljen a magyar" erkennen. Auch ich bin in meiner Schulzeit einmal im geordneten Zug der Schulkinder am 15.März mitmarschiert.
Wir trugen eine rot-weiß-grüne Armbinde und eine Kokarde im Knopfloch. Fahnen wurden mitgetragen und die Musik spielte. Es war schönes Frühlingswetter und die Kulaer Gasse war trocken. Beim Haus des Peter Gutwein (Nr.1032) war das schwere, einteilige Tor beiseite geschoben, und von da an war der "Steen" schon zu sehen. Was dann gesprochen wurde, haben wir nicht verstanden, aber daß der Richard CSORNAI wahrscheinlich das "Talpra magyar...", auf dem Sockel stehend, deklamierte, ist mir fest in Erinnerung geblieben Nach dem Ersten Weltkrieg soll das Denkmal von den Jugoslawen abgetragen worden sein. Mein Schulkamerad, Nikolaus Ohlicher, will die Steine vom Denkmal im Gemeindehaus, im Ordonanz-Schuppen gesehen haben. In diesem Zusammenhang will ich noch erwähnen, daß noch ein zweiter Gedenkstein an der Kulaer Straße gestanden hat, der wahrscheinlich auch etwas mit dem 1848er Krieg zu tun hatte. Ich bin oft zu Fuß an den Bahnhof gegangen, als ich ins Werbaßer Gymnasium ging und bin dann nach "Secklers Sallasch" links von der. Bahnhofstraße auf diesen Stein zugegangen. Er stand vielleicht 20-25 Meter weiter rechts von der Straße, die nach Kula führte. Ich kann mich aber nicht mehr erinnern, was darauf geschrieben stand; es war ungarisch."
Philipp Sandles
Das Reitergrab von Szeghegy
Das Móra Ferenc Múzeum in Szeged bewahrt auch Studien zur Archäologie im Balkanraum auf. Zufällig bin ich auf ein Jahrbuch gestoßen, das auch einen Bericht über einen Sekitscher Grabfund enthält, mit dem sich verschiedene Wissenschaftler seit über 100 Jahren befassen. Péter SOMOGYI erläutert den Stand der Forschung im Jahrbuch Nr. 8 unter dem Titel: A szeghegyi (Lovcenac, Szerbia) "lovassír" újraértelmezése. Darin setzt er sich mit den verschiedenen Theorien und Fundbeschreibungen auseinander und wagt eine Neubewertung. Da ich davon ausgehe, dass dieser Grabfund kaum jemandem der Leserschaft bekannt ist, wünsche ich eine spannende Lektüre.
Ihre Brigitte Wolf
Péter SOMOGYI schreibt:
Gegen Ende April 1901 meldete György Hollinger dem Gemeindeamt in Szeghegy, er habe beim Vergrößern seines Hofes während des Abtragens der sich am unteren Ende seines Grundstückes erhebenden Böschung ein Grab entdeckt und darin außer zwei menschlichen Skeletten eine Goldmünze, zwei Steigbügel, ein Tongefäß und eine Eisenschnalle geborgen. Der Gemeindevorstand bat den Hausbesitzer um eine kurzfristige Einstellung der Erdarbeiten und benachrichtigte umgehend das Präsidium des Geschichtsvereins des Komitats Bács-Bodrog vom Fund. Der Verein wurde zugleich gebeten, einen Vereinsbeauftragten zu entsenden, der den Grabfund vor Ort sichten und eventuell weitere Untersuchungen einleiten sollte. Weil die Goldmünze, eine des Heraclius und Heraclius Constantinus, und die Machart von Steigbügel und Eisenschnalle auf eine awarische Bestattung hinwiesen, fanden sich am 27. April der Vereinspräsident László Kozma und der Kustos des Vereinsmuseums Lajos Roediger in Szeghegy ein, um das Grab ausführlich zu untersuchen.
Der über die Fundumstände und die Ergebnisse der Nachforschung verfasste Bericht Roedigers erschien noch im selben Jahr im Vereinsjahrbuch und ein sich darauf stützender, nun auch mit Abbildungen ausgestatteter Aufsatz wurde zwei Jahre später in der Zeitschrift Archaeologiai Ertesíto veröffentlicht. Wie die Titel der Berichte ( "Ein Reitergrab von Szeghegy" bzw. "Über ein frühmittelalterliches Reitergrab von Szeghegy" ) bezeugen, war Roediger völlig davon überzeugt, dass auf dem Hof Hollingers das Grab eines zusammen mit seinem aufgeschirrten Reitpferd bestatteten Kriegers entdeckt worden war. Tatsächlich scheinen Teile des bekannt gewordenen Grabinventars (neben dem Paar Steigbügel auch eine Axt bzw. ein Kampfbeil, eine Lanzenspitze, ein Schwert und ein Schild, wobei es sich bei den letzten Zwei nicht um gesicherte Funde, sondern lediglich um von Roediger aufgrund mancher Eisenfragmente erschlossene und zugleich auch mit Fragezeichen versehene Objekte handelte) und der von Roediger eigenhändig freigelegte Pferdeschädel auf den ersten Blick diesen Schluss zuzulassen. József Hampel dürfte mit dieser Deutung des Befundes nicht ganz einverstanden gewesen sein. In seinem epochemachenden Fundkatalog wird die Bestattung nämlich als "Grabfund mit Pferdebestattung von Szeghegy" bezeichnet. Seiner nur auf Fundobjekte ausgerichteten Betrachtungsweise entsprechend verlor Hampel über den Befund und die Fundumstände auch hier kein Wort. In Anlehnung an Roediger 1903 bespricht er nur das Grabinventar, wobei jedoch nicht alle der von Roediger dokumentierten Fundstücke aufscheinen. Dies war eine Folge Hampels berühmt-berüchtigter Arbeitsweise, zuerst die Fundinventare zeichnen zu lassen und dann nicht die originalen Fundobjekte, sondern die auf seinen Auftrag hin gefertigten oder bereits existierenden Zeichnungen in seinen Werken zu bewerten. Die von Roediger bedingt als Schwert und Schildrand gedeuteten Eisenstücke kommen zwar auch bei Hampel vor, jedoch ohne Nennung ihrer zweifelhaften Bestimmung, dafür ist der von Roediger für eine Lanzenspitze gehaltene Gegenstand zu einem Werkzeug unbekannter Funktion geworden. Folglich sind im Hampel`schen Inventar nur die Axt und das Bruchstück einer von Roediger nicht erwähnten eisernen Pfeilspitze als die einzigen Waffenbeigaben der Bestattung übrig geblieben. Dass sich ein klassisches Reitergrab daraus wohl kaum ergibt, dessen dürfte sich Hampel durchaus bewusst gewesen sein. Und noch etwas! Zu den Steigbügeln bemerkte er: "Auffallend sind die geringen Ausmaße". Alles in allem genügend Gründe, das Reitergrab Roedigers in ein Grab mit Pferde-Mitbestattung umzuwandeln. Die ungewöhnlich kleine Dimension der Steigbügel (ihre Gesamtlänge beträgt 12,5 bzw. 12,8 cm) fiel übrigens Lajos Roediger ebenfalls auf, ohne dass er diesen Tatbestand bei der Deutung des Befundes berücksichtigt hätte. Hampels Korrektur blieb in der Folgezeit unbeachtet, und das Grab von Szeghegy fand als Reitergrab Eingang in die Literatur der Awarenzeit.
Im Laufe der nächsten hundert Jahre, d.h. im ganzen 20. Jahrhundert, fielen weder die kleinen Steigbügel noch andere Merkwürdigkeiten des Befundes auf. Offensichtlich nahm sich lange Zeit niemand die Mühe, die Berichte Roedigers und Hampels Fundbesprechung auf Komma und Beistrich durchzulesen. Ich selber auch nicht! Kein Wunder, dass ich in meinem vor zwanzig Jahren verfassten, ersten "richtigen" Aufsatz das Reitergrab von
Szeghegy obendrein noch als eine reich ausgestattete Bestattung eingestuft habe.
Es sind mir nur zwei Arbeiten mit der Erwähnung des Grabes bekannt, deren Autoren sich auch mit der Deutung des Befundes näher auseinandergesetzt haben:
Weil zum Grabinventar bekanntlich auch ein Kupferkessel gehörte, untersuchte Eva
Garam in ihrem Aufsatz über die römischen Kupferkessel aus frühawarenzeitlichen Bestattungen auch das Grab von Szeghegy ausführlich und veröffentlichte zwei früher unbekannte Archivfotos von den ins Museum Zombor (heute Sombor, Serbien) gelangten Fundobjekten. Basierend auf Roediger 1903 rekonstruierte sie eine W-0 ausgerichtete, lange Grabgrube, in deren westlicher Hälfte der Reiter mit dem Kopf nach Westen bestattet wurde. Sein Reitpferd wurde zu seinen Füßen in der östlichen Hälfte des Grabes mitbestattet. "Die zwei Steigbügel mit Schlingenöse und runder Sohle befanden sich voraussichtlich bei dem Pferdeskelett." Demzufolge kommt Garam zu dem Schluss, dass das Grab nach der für die frühawarenzeitlichen Pferde-Mitbestattungen von Attila Kiss herausgearbeiteten Klassifikation dem Typ VI angehöre.
Weil ROEDIGER eindeutig von zwei menschlichen Skeletten berichtete, nimmt Garam an, dass sich in unmittelbarer Nähe des Reitergrabes eine zweite Bestattung befunden haben dürfte, aus der eines der beiden von Roediger dokumentierten Tongefäße stammt. Die übrigen Fundobjekte ordnet Garam dem mit Schwert(?), Lanze und Kriegsbeil bewaffneten Reiter zu, der einen silbernen Ohrring und einen einfachen, unverzierten Gürtel getragen hätte, von dem eine mit bronzenem Verschluss versehene Tasche und eine an einer Bronzekette befestigte, bronzene Schelle herabhingen. Eine wahrhaft merkwürdige Tracht für einen berittenen Krieger, auch dann wenn sein Fuß in einen Steigbügel mit nicht einmal 13 cm Gesamtlänge hineingepasst hätte! Im ersten Teil seiner Diplomarbeit befasst sich Lászó Gere mit den aus dem Gebiet der Bácska bekannten frühawarenzeitlichen Bestattungen, darunter auch mit dem Grab von Szeghegy.
Er bespricht den Befund und das Grabinventar in Anlehnung an ROEDIGER
1903 und GARAM 1982 neu. Bezüglich des Befundes schließt er sich Garams Meinung an, wonach in Szeghegy ein berittener Krieger mit seinem Reitpferd bestattet worden sei und das Grab kein Einzelgrab, sondern Teil eines Gräberfeldes gewesen sei (GERE 1983).
Er zeigt jedoch auf, dass Garams Rekonstruktion, nach der die Steigbügel links und rechts vom Pferdeskelett gelegen hätten, nicht stimmen kann, weil sie in dem von Hollinger zuerst ergrabenen westlichen Teil des Grabes zum Vorschein kamen. In diesem Zusammenhang hinterfragt Gere auch die bis dahin allgemein angenommene Art der Pferde-Mitbestattung, nämlich das Mitbestatten eines ganzen Pferdes. Er bezieht sich auf ROEDIGER,
wo in der der Tat nur von einem Pferdeschädel in einer Tiefe von 130 cm aus dem östlichen Ende des Grabes die Rede ist. Allerdings -fährt Gere fort- sei auch wahr, daß der sich östlich des Pferdeschädels erstreckende Bereich nicht mehr von Roediger, sondern erst später vom Grundstücksbesitzer durchsucht worden sei. Ob dieser dort außer den genannten, dem Verein auch überreichten Fundobjekten (Lanzenspitze, Sichel, Tongefäß) noch Pferdeknochen gefunden hat, erwähnt Roediger nicht. Aus diesem Grund sieht Gere die gängige Annahme eines ganzen Pferdeskeletts als nicht gesichert an und schließt die Möglichkeit einer partiellen Pferde-Mitbestattung nicht gänzlich aus. Auf den Gedanken, daß in Szeghegy bloß ein Pferdeschädel mitbestattet worden ist, kam er allerdings nicht. Auch er -wie viele andere- war zu einem Gefangenen der in der Literatur mittlerweile gefestigten Vorstellung vom Reitergrab geworden. Geres Zweifel dürfte jedoch etwas bewirkt haben, da das Reitergrab von Szeghegy in der jüngsten Zusammenstellung über die frühawaren-zeitlichen Gräber mit Pferde-Mitbestattungen bereits mit einem Fragezeichen aufscheint. In Anlehnung an Garam halten es die Autoren des Katalogs für wahrscheinlich, daß das Reitergrab(?) bloß eine von mehreren, bei den Erdarbeiten angeschnittenen Bestattungen gewesen ist.
Unbeeindruckt von der sich in der letzten Zeit merklich ausbreitenden Unsicherheit wird das Grab im ADAM dem neuen, monumentalen Fundkatalog der awarenzeitlichen archäologischen Denkmäler Mitteleuropas, der nach 20-jähriger internationaler Zusammenarbeit am 5.November 2002 vom Herausgeber József Szentpéteri aus der Taufe gehoben wurde-wie folgt präsentiert: "Im Hof des am Fuße einer Uferböschung im südlichen Dorfteil stehenden Hauses stieß man auf ein Reitergrab. Das O-W orientierte Grab barg die Skelettknochen von zwei Menschen und einem Pferd." Damit hat sich beinahe genau hundert Jahre nach der Entdeckung des Grabes der Kreis geschlossen. Ein guter Grund, schien mir, Roedigers Berichte näher zu untersuchen und der Frage auf den Grund zu gehen, ob der von Roediger dokumentierte Befund die ursprüngliche, jedoch von Hampel gleich in Frage gestellte Schlussfolgerung auf ein Reitergrab in der Tat zulässt, oder ob man auf etwas ganz Anderes schließen kann? ROEDIGER (1901) zählt nur ein Skelett und zwei Schädel auf, wohingegen ROEDIGER (1903) schon von zwei menschlichen Schädeln und Skeletten berichtet. Wie bereits erwähnt, wurden sie während Erdarbeiten zusammen mit einer Goldmünze, zwei Steigbügeln, einer Eisenschnalle und einem Gefäß gefunden. Erst danach wurden die Erdarbeiten eingestellt und der Museumsverein in Zombor vom Fund verständigt.
Lajos Roediger, der einige Tage später, am 27. April, an der Fundstelle eintraf, konnte noch folgendes feststellen: Am Ende des dem Löß der Telecska (Telecska heißt der Südrand der sich in der Bácska erstreckenden Lößplatte) abgerungenen Hofes, und zwar in dessen Ecke auf der noch nicht abgetragenen Plattform der Böschung, 170-180 cm tiefer als die ursprüngliche Oberfläche lagen die Skelette bzw. die Schädel der Bestatteten. Beide Schädel und das Gefäß waren bereits zerbrochen und mit dem Aushub vermengt. Die Ost-West-Orientierung der Grabgrube war klar zu erkennen.
Mit der Freilegung fing Roediger am westlichen Ende der Grabgrube an, wo die zwei Schädel und die Münze zum Vorschein gekommen waren. Hier fand er weitere Teile des Grabinventars: eine Bronzeschelle, mit einem achterförmigen Kettenglied aus Bronze in der Öse, das Fragment eines ähnlichen Kettengliedes, eine Bronzeschnalle und einen kleinen Silberohrring.
Dann wurde die Arbeit am östlichen Ende des Grabes fortgesetzt, dort wo im abgeschnittenen Lößprofil die Unterschenkelknochen sichtbar waren. Roediger grub den Knochen nicht nach, sondern begann im Übrigen sehr richtig, das Erdreich von oben nach unten abzutragen. Zuerst fand er einen Pferdeschädel, der in einer Tiefe von 130 cm lag, darunter Bruchstücke eines krummen Messers und einer Sichel, noch weiter unten barg er die Fußknochen des menschlichen Skeletts. Jetzt wurde entlang der westlichen Seite des Pferdeschädels weitergegraben, bis die Ausgräber auf einen plattgedrückten, geflickten Kupferkessel und darunter auf eine große Eisenaxt stießen. Zwischen dem Pferdeschädel und dem Kessel, aber tiefer gelegen, fand Roediger den Eisenhenkel und die Eisenbeschläge eines Holzeimers. Sechs Eisenringe einer Kette, flache Eisenfragmente und ein weiteres flaches, gebogenes Eisenfragment (laut Roediger vermutliche Reste eines Schwertes und des Randbeschlages eines Schildes) fanden sich westlich der Axt. Weil sich die Grabgrube bis ins Nachbargrundstück hinüberzog und dessen Besitzer zur Zeit des Besuchs von Roediger und Kosma gerade nicht zu Hause war, bat der Vereinspräsident György Hollinger darum, demnächst mit der Erlaubnis seines Nachbarn auch diesen Teil des Grabes zu durchforschen. Einige Tage später kam Hollinger dieser Bitte nach und barg eine eiserne Lanzenspitze, eine Eisensichel und ein grobes Tongefäß, die er dem Vereinsmuseum zukommen ließ.
Die genauere Lage dieser östlich des Pferdeschädels entdeckten Fundobjekte im Grab ist unbekannt. Das Grab kam also beim Abtragen der sich am Ende des Grundstückes erstreckenden Lößböschung zum Vorschein, und zwar in einer Ecke des Hofes, in der Nähe der Grundstücksgrenze. Weil der Grundstücksbesitzer durch das Abtragen der Böschung seinen Hof vergrößern, d. h. auf eine Ebene bringen wollte, wurde der Löß, wie auch schon früher (man darf nicht vergessen, daß der ganze Hof der Lößplatte abgerungen war!), sicherlich in der ganzen Breite des Grundstückes abgetragen. Und nur diesmal -und auch nur in einer der neu zu gestaltenden Ecken des erweiterten Hofes-stieß man auf menschliche Schädel und merkwürdige alte Sachen. Daher scheint es wahrscheinlich, daß es zumindest in der unmittelbaren Umgebung keine weiteren Bestattungen mehr gab. Ob das Grab zu einem Gräberfeld gehörte oder ein Einzelgrab war, lässt sich endgültig aber nur aufgrund von Nachuntersuchungen vor Ort beantworten, vorausgesetzt, daß die Fundstelle, der einstige Hollinger-Hof, mit Hilfe des zeitgenössischen Katasters zu lokalisieren ist.
Roediger spricht eindeutig immer nur über ein Grab bzw. eine Grabgrube, die Ost-West ausgerichtet war. Weil das Grab im gelben Lößboden eingetieft war, waren die durch die dunklere humushaltige Grabverfüllung markierten Konturen des Grabschachtes in der Nähe der in einer Tiefe von 170-180 cm gelegenen Grabsohle bestimmt deutlich zu erkennen. Die Konturen von zwei nebeneinander angelegten Gräbern wären so kaum unbemerkt geblieben. Gegen die zuerst von Éva Garam geäußerte Annahme, daß man in Szeghegy
eigentlich zwei Einzelbestattungen gefunden hätte, spricht auch die Beobachtung, daß die Skelette in gleicher Tiefe lagen. Dieser Umstand schließt nämlich auch die Möglichkeit aus, daß das eine Grab zufällig in das früher angelegte eingetieft worden ist. Daß Roediger nach dem Entdecken des Pferdeschädels an dessen westlicher Seite entlang, d. h. in Richtung der nördlichen oder südlichen Langseite der Grabgrube, weitergraben ließ und dort auf weitere Fundobjekte stieß, erlaubt ebenfalls, einen breiteren Grabschacht anzunehmen. Folglich liefert der von Roediger dokumentierte Befund keine Angaben, die gegen eine Doppelbestattung von zwei mit dem Schädel nach Westen ausgerichteten menschlichen Skeletten sprechen.
Im Gegenteil: Es finden sich sogar Hinweise, die erlauben, diese Aussage weiter zu präzisieren. Als Roediger an der Fundstelle eintraf, war nur noch das östliche Ende des Grabes ungestört, wo die dunklere Grabverfüllung im hellen Lößprofil gleich ins Auge stach. An einer Stelle ragten die Knochen eines Unterschenkels im Profil der abgeschnittenen Grabverfüllung in situ heraus. Deshalb entschloss sich Roediger, zuerst die Grabverfüllung oberhalb der Unterschenkelknochen von oben nach unten abzutragen. Dabei stieß er nacheinander auf den Pferdeschädel, auf zwei Eisenfragmente, die er für Bruchstücke eines Messers und einer Sichel hielt, und zum Schluss auf die Fußknochen eines
menschlichen Skeletts. Da Roediger eindeutig von Unterschenkel- und Fußknochen eines Individuums berichtet, lässt diese Beobachtung nur die Folgerung zu, daß die Größe der zwei Skelette unterschiedlich war. Die Fußknochen des kleineren Individuums dürften höchstens bis zum Kniebereich des größeren gereicht haben. Demnach haben wir es mit den Skeletten eines Erwachsenen und eines Kindes zu tun. Wie bereits GERE 1983 richtig erkannte, spricht Roediger nur von einem Pferdeschädel. Weitere Teile des Pferdeskeletts (ganz oder partiell) vermutet er im östlichsten Grababschnitt, der bereits dem Nachbargrundstück angehörte und von Roediger nicht mehr durchsucht worden war. Daß György Hollinger, der auf Roedigers Bitte einige Tage später diesen Bereich durchforschte, außer der Lanzenspitze, der Sichel und dem Gefäß auch noch Pferdeknochen gefunden, jedoch dem Verein davon nichts berichtet hätte, schließe ich aus folgenden Gründen aus: Zum einen lag der Pferdeschädel eindeutig oberhalb der menschlichen Fußknochen. In frühawarischen Reitergräbern, in denen sich in der Regel das komplette Pferdeskelett oder Teile davon in einem gemeinsamen und dementsprechend langen Grabschacht zu Füßen des Reiters befinden, wurde eine derartige Platzierung des Pferdeschädels noch nie beobachtet. Zwischen dem Reiter und dem Reittier, wenn sie auf der Grabsohle liegen, gibt es immer einen gewissen Abstand. Zum zweiten wurden in diesem Teil des Grabes weder von Roediger noch von Hollinger Fundobjekte geborgen, die als Teile von Zaumzeug oder Geschirrung zu deuten wären. Wie bereits aufgezeigt, kamen die Steigbügel in dem durch die Erdarbeit zerstörten Bereich zum Vorschein. Gegen ihren unmittelbaren Zusammenhang mit dem Pferdeschädel scheint auch zu sprechen, daß Roediger keine Trense, wie es sonst üblich ist, zwischen den Pferdekiefern erwähnt. Aus diesem Befund auf eine auf eine Pferde-Mitbestattung des Typus VI nach Attila Kiss zu schließen, entbehrt jeder Grundlage und ist auch nicht notwendig: Der Pferdeschädel ohne Pferdefußknochen, 40-50 cm höher als die Grabsohle in der Verfüllungserde des Grabes gelegen, entspricht nämlich einer nachweislich existenten, wenn auch seltenen Form der früh- und mittelawarenzeitlichen Pferde-Mitbestattungen: Grab 33 von Deszk-G, Nr. 42; Grab 4 und 18 von Deszk-H, Nr.43; Grab 75 von Dévaványa-Köleshalom, Nr.45; Grab 142 von Környe, Nr.82; Grab 13 von Mezokovácsháza, Nr. 90; Grab 8 von Mokrin, Nr.92; Grab 38 von Rákóczifalva-Kastélydomb, Nr.115 und Grab 21 von Tiszavasvári-Koldusdomb, Nr.146 (die nachstehenden Nummern beziehen sich auf den Katalog von NÉMETHI-KLÍMA 1992,189-231). Unter den aufgezählten Analogien gibt es Beispiele sowohl für die reine (Schädel ohne Zaumzeug) als auch für die synkretistische (Schädel mit Zaumzeug) Form des Pferde- bzw. Tieropfers. Es gibt sogar zwei Gräber (Grab 18 von Deszk-H und Grab 21 von Tiszavasvári), in denen sich ein zusätzlicher Pferdeschädel neben dem aufgeschirrten Reitpferd befand. Diese beiden und das "Grab" 142 von Környe mit nur einem Pferde- und Rinderschädel sowie die von Gábor Lorinczy zusammengestellten frühawarenzeitlichen Fundstellen mit partiellen Tierbestattungen (LORINCZY 1992) belegen eindeutig, daß unter bestimmten Teilen der frühawarenzeitlichen Bevölkerung der Brauch verbreitet war, nach dem Totenschmaus die ungenießbaren Teile der Opfertiere den Toten mitzugeben. Die aufgeschirrten partiellen Pferde-Mitbestattungen (nur die Haut mit Schädel und Füßen) sind sowohl die Reste vom Totenopfer als auch ein "Platzhalter" für das Reitpferd des Verstorbenen. In Szeghegy steht nicht der Pferdeschädel, sondern der ebenfalls ins Grab gelegte Sattel (vgl. die Steigbügel und die eckige Eisenschnalle vom Sattelgurt) für das Reitpferd bzw. den berittenen Status der Bestatteten. Für den reinen Opfercharakter des Pferdeschädels sprechen auch die Fundobjekte des Pferdeschädels aus seiner Nähe: die Bruchstücke eines Messers und einer Sichel, der Kupferkessel, darunter die Axt und der Holzeimer, vielleicht auch die östlich vom ihm geborgene Lanzenspitze und eine weitere Sichel in unversehrtem Zustand. Im Zusammenhang mit dem Grabinventar wäre auch zu untersuchen, inwieweit die aus dem Grab geborgenen Fundobjekte die Rekonstruktion einer Doppelbestattung mit unterschiedlichen Opfergaben im Fußbereich des einen Skeletts unterstützen. Das zuallererst geborgene und wie auch die beiden Schädel zerbrochene und weggeworfene Tongefäß dürfte, wie bereits Eva Garam vermutete, bei den Fußknochen des Kindes gestanden haben, so wie das zuletzt geborgene Gefäß zum Fußende des Erwachsenen gestellt worden war. Unter dem Grabinventar gibt es nur wenige Objekte, die aufgrund ihrer ungefähren Lage im Grab und ihrer Funktion als Teile der Tracht zu betrachten sind: der einfache Ohrring aus Silber, die bronzene Taschenschnalle, die bronzene Schelle mit dem bronzenen Kettenglied und dem weiteren Kettenfragment. Sowohl diese Trachtgegenstände als auch den als Totenobolus mitgegebenen, zwischen den Jahren 616 und 625 geprägten, leichtgewichtigen Solidus des Heraclius würde ich dem Skelett des erwachsenen Individuums zuordnen. Es ist bestimmt kein Zufall, daß mit Ausnahme des Ohrrings alle aufgezählten Fundobjekte byzantinischer Provenienz sind. Es sind nämlich nicht nur die Münze und die Taschenschnalle vom Typ Salona-Histria), sondern auch die wohl in der Tasche verwahrte Bronzeschelle und die beiden Kettenglieder Produkte des mediterranen Raums. Obwohl Vergleichsbeispiele mittlerweile auch aus dem Inneren des Byzantinischen Reichs wohl bekannt sind, wurde die offensichtlich byzantinische Provenienz dieser billigen Handelsware von der Awarenforschung noch nicht zu Kenntnis genommen. Nicht einmal Eva Garam erwähnt sie in ihrer vor kurzem erschienenen Monographie über die Funde byzantinischer Herkunft aus der Awarenzeit.
In Anbetracht der genannten Trachtgegenstände dürfte es sich bei dem erwachsenen Individuum der Doppelbestattung von Szeghegy um eine Frau handeln. Dafür sprechen auch die kleindimensionierten Steigbügel und die Kette aus sechs Eisenringen unterschiedlichen Durchmessers. Ähnliche Ketten sind nämlich in dem awarischen Gräberfeld von Cikó
überwiegend aus Frauengräbern bekannt. Wie lassen sich nun die übrigen, auf den ersten Blick wohl sehr martialischen Fundobjekte (die Axt, das angebliche Schwert und der vermutete Schild, die Lanzen- und die Pfeilspitze) in dieses Bild einfügen?
Das von Roediger für den Randbeschlag eines Schildes gehaltene gebogene Eisenfragment erwies sich als die Randbefestigung des Kupferkessels. Daß die fünf flachen Eisenfragmente wirklich Teile eines Schwertes darstellen, war nicht einmal für Lajos Roediger sicher: "5 Stk. Fragmente eines Eisenschwertes(?)". Auch ihre Lage im Grab, bei der Eisenkette und neben den Unterschenkelknochen, spricht gegen ihre Identifizierung als Fragmente eines Schwertes. Bekanntlich befinden sich die Hiebwaffen in awarischen Männergräbern fast ausschließlich im Bereich des Oberkörpers! Die Lanzenspitze wurde bereits von Hampel als Werkzeug bezeichnet. Und wenn wir die merkwürdige Form und ungewöhnliche Dimension dieses Fundobjektes mit den eleganten, wohl proportionierten frühawarischen Lanzenspitzen vergleichen, dann müssen wir Hampel womöglich Recht geben. Die erstmals von Hampel erwähnte Pfeilspitze stellt in dem übrigen Grabinventar einen Fremdkörper dar, sodass sich bei der Abfassung des Katalogs wohl ein Fehler eingeschlichen hat.
Falls wir Recht haben, bleibt von den genannten Waffenbeigaben letztlich nur mehr die Axt übrig. Ihrer Form nach könnte sie einstmals in der Tat als Kriegsbeil gedient haben. Ob sie dann allerdings in Gesellschaft von lauter Arbeitsgeräten (Kupferkessel, Holzeimer, Sichel, Messer, das einer Lanzenspitze ähnliche Gerät) in der Nähe eines Pferdeschädels als Waffenbeigabe mit ins Grab gelegt wurde, ist mehr als fraglich. Wie bereits aufgezeigt, waren diese Gegenstände sicherlich Bestandteile des Totenopfers, in dessen Mittelpunkt ein oberhalb der Füße der bestatteten Frau mit ins Grab gelegter Pferdeschädel stand.
Nach all dem, was Roediger über den Befund und das Inventar des Grabes von Szeghegy
aufzeichnete, dürfte es sich dabei um die Doppelbestattung einer Frau (Solidus, Silberring, Bronzeschelle, Glieder von einer Bronzekette, Eisenkette, Tongefäß) und eines Kindes (Tongefäß) gehandelt haben.
Der Frau wurde auch noch ein Sattel (Steigbügel und die Eisenschnalle des Sattelgurtes) als Zeichen ihres berittenen Status mit ins Grab gelegt. Das Totenopfer (Pferdeschädel) und die wohl ebenfalls beim Ausführen desselben benützten Geräte (Kessel, Holzeimer, Axt, Messer, womöglich auch die "Lanzenspitze" und die Sichel) wurden, von den Verstorbenen räumlich etwas getrennt, ebenfalls beigegeben. Das Grab von Szeghegy war also kein Reitergrab vom Typus VI, bei dem die Verstorbenen mit dem zu ihren Füßen deponierten, aufgeschirrten Pferden bestattet sind, sondern das Grab einer Frau mit dem unverkennbaren Hinweis auf ihren berittenen Status, mit einer seltenen Form des für sie dargebrachten Totenopfers.
Zum Jahreswechsel 1890 - 1891 wurde in Sekitsch eine Volkszählung angeordnet. Mit der Durchführung wurde Johann Jauss beauftragt. Da sich Johann Jauss selbst mit der Ahnenforschung beschäftigte und mit Sekitsch sehr verbunden war, erkannte er schnell die Bedeutung und schuf so in wenigen Tagen ein einmaliges Werk. In seinem Vorwort schildert er selbst die Bedeutung und den Ablauf.

Die erste Seite des Vorwortes |

Die zweite Seite des Vorwortes |
Vorbemerkungen vom Verfaßer
Die mit dem 9. Gesetzartikel vom Jahre 1890 angeordnete allgemeine Volkszählung, wurde in Szeghegy vom 2.ten bis 7.ten Jänner 1891 durchgeführt ; u.g. fungirten als Zählungsagenten:1. der Gefertigte Johann Jauß. 2. Karl Burg Lehrer, 3 Karl Brenner Lehrer, 4. Gustav Horngansky Kaplan , 5. Moritz Friedmann Apotheker, und von amtswegen ohne Bezahlung 6. Benedikt Engelberger Unternotär,und 7. Daniel Weinrich Notär, da aber der letztere diese Arbeit für zu beschwerlich hielt, entsendete derselbe unter seinem Namen den Tierarzt Gustav Wagner.
Die löbl. Komitatsbehörde hatte für die fünf zuerst genannten Zählungsagenten, je 10 fl, zusammen 50 fl. als Honorar aus der Gemeindekasse angewiesen, da ich aber auf die auf mich entfallenden 10 fl, zu Gunsten der übrigen vier Zählungsagenten verzichtete, diese alle aber wieder zu Gunsten Burgs auf diese Antheile entsagten, so erhielt dieser allein diese 10 fl. mithin 20 fl.
Speziel ich nahm bei 13�Kälte in Begleitung des Geschworenen Jakob Lehr, die Bewohner der hiesigen Szallasen an Ort und Stelle auf; die übrigen Zählungsagenten war jedem ein jüngeres Mitglied des Ortsausschuses beigegeben. Der heutige Zählungsaperad hätte schon am 10. ten Jänner übernommen werden sollen, es wurde aber noch am 15. ten Jänner durch den Stuhlrichter Mezei, nachdem derselbe eingehende Stichproben vorgenommen hat, übernommen.
Die uns aus den früheren Volkszählungen geschöpften Erfahrungen, das diese Volkszählung für die Gemeinden selbst gar keinen beweisbaren Nutzen haben, da die fertigen Zählungsaparate, sogleich wie dieselben fertig, durch das Stuhlrichteramte übernommen, dem Komitate, von dort aber dem Landes-Statistischen Bürau eingeliefert werden, wo dieser Zählungsaperate dann recht und schlecht und fehlerhaft aufgearbeitet werden, u.so das große, nützliche und lehrreiche Material, welches für die Gemeinde selbst in diesen Zählungsaperaten enthalten ist gänzlich verloren geht, erichten in mir den Entschluß, dieses Volkszählungsaperat, ehe es abgegeben wird, wenigstens in seinen Hauptposten, schnell zu kopiren,und dann bei völlig unvorgeschriebener Zeit, dasselbe zu ordnen und in Reinschrift zubringen. Das Ergebniß in großen Zügen, am Schluße tabellarisch, statistisch zusammen zu stellen, es der Gegenwart vorzuhalten und es für die Nachwelt aufzubewahren; denn die hier zusammengefaste 1891 er Volkszählung, wird nach vielen, vielen Jahren, wenn dieselbe mit anderen späteren und autentischen Volkszählungen verglichen werden kann einen wahren und wirklichen Werth haben. Dankend erkenne ich es hier an, das sämtliche Zählungsagenten bereitwilligst auf meine Idee eingegangen sind, und abweichend -oder ergänzend von der vom Staate vorgeschriebenen Zählung, auch darauf Rücksicht nahmen, das ich alle ledigen und abwesenden Familienglieder separat aufgenommen erhielt, und so in der Lage war, sämtliche ledige und abwesenden Familienglieder zu ihren Eltern oder wo solche nicht vorhanden zu ihren nächsten Verwandten eintragen zu können. Auch Herrn Lehrer Michael Klein bin ich zu Dank verpfichtet, daß er mir Tag und Nacht kopieren half, da ich alleine diese Riesenarbeit wohl in der vorgeschriebenen kurzen Zeit, nicht bewältigen hätte können.
Betreffend der Volkszählung selbst bemerkte ich in aller Kürze folgendes: Nach den Anforderungen des Staates, muste für jede am 1. ten Jänner 1891 in einem Hause befindlichen Personen ein Zählblättchen aufgenommen werden, für männliche ein weißes, für weibliche ein blaues Zählblatt. Diese Zählblätter mußten dann durch den Zählungsagenten, gleich in jedem Hause nach Familien-Haushaltungen-zusammen geheftet werden. Ich ließ die Staatliche Volkszählung in
dieser Hinsicht ganz unberührt. Da ich aber meine Volkszählung genau nach Familien zusammen stellen wollte, so ließ ich separat rote Zählblätter drucken, und jeder Zählungsagent, nahm für jedes nicht zur Familien gehörende, oder wo immer abwesende, -aber nach Szeghegy zuständige - Familienglied, außer dem Staatlichen, auch noch ein rotes Zählblättchen auf und heftete es zu der betreffenden Grundhaltung oder Familie.
Beim Kopieren des Zählungsaparates wurden diese roten Zählblättchen heraus gerißen und numerirt und der Staat erhielt dann seine Volkszählung, wie er solche wünschte. Dann erst konnten die betreffenden auf Grund der roten Zählblättchen zu ihren Familien eingetragen werden, was eben und Zurhilfenahme sämtlicher Zählungsagenten keine geringe Arbeit war, da die benutzten roten Zählblättchen über 400 betrug. Nur so ist es auch erklärlich, das in diesem Aperate so wenige Dienstboten vorkommen, weil eben alle Einheimischen bei ihren Eltern aufgenommen sind. Gelegentlich der Reinschrift war es höchst mühevoll und zeitraubend wenigstens die Häuser so einzutragen wie solche in Wirklichkeit laufen.
Welches Durcheinander in den Haus Nummern herrscht ist aus dem Aperate selbst zu ersehen .Wann uns der Himmel eine neue Nummerierung der Häuser bringen wird wissen vorläufig nur die Götter ! Wie sich aber die Gemeinde soviele Jahre lang mit diesem Wir-War in der Nummerirung behelfen kann, verstehe ich nicht. Jedenfals aber deutet es auf eine grenzenlose Nachläßigkeit und Schlendereien der Notariats Kanzlei hin, die nicht zu ihrer eigenen Erleichterung schon
längst zu diesem Uebel abgeholfen hat. Ich werde beantragen, daß ich die neue Nummerirung entwerfen,und nach Gutheißung des Entwürfers die Reinschrift der neuen Nummerirung auf dem Papier anfertigen werde . Engherzigkeit und gekränkter Amtsstolz werde jedoch mein wohlgemeinten Antrag zu Falle bringen, in diesem Aperate und Altersangaben abgerechnet große und wesentliche Fehler und Irrthümer vorkommen glaube ich nicht. Ich war bestrebt diese zu verwenden, ja wo solche doch im Zählungsaparate vorkommen, habe ich keine Zeit und Mühe gescheut,
dieselben zu erforschen und auszubessern, wobei mir meine ausgebreitete Orts- und Familienkentniße von großem Nutzen war, wie der Aperat selbst bezeugt, verband ich mit der Amtliche Volkszählung, zugleich auch eine autentische Aufnahme dieser Kirchengemeinde. Aus diesem Grunde habe ich persöhnlich auf den fremden angrenzenden Hottern, an Ort und Stelle aufgenommen.Es sind diese lauter politisch und kirchliche nach Szeghegy Zuständige, die alle Kirchen und Schullasten hier tragen, und auch in allen sich ergebenen Fällen das hierortige Pfarramt in Anspruch nehmen. Es versteht sich doch von selbst, daß diese auf fremden Hotter wohnenden Evangelischen in Szeghegy für die Staatlich Volkszählung wegfielen. Die wenigen in Hegyes im Orte selbst wohnenden Evangelischen sind hier nicht aufgenommen.
Es ist und soll dieses nur ein Anfang sein. So mir Gott Leben und Gesundheit schenkt, gedenke ich bei der nächsten Volkszählung nach 10. Jahren auch auf Wohnung -Vermögens -Beschäftigungs -Dienst und Sprachverhältniße u,s,w, Rücksicht zu nehmen, und auch dafür zu sorgen, daß die Altersangaben pünktlicher geliefert werden. Sollte mir dieses nicht vergönnt sein, nun dann findet sich für mich vieleicht ein Nachfolger, der Lust und Liebe zu dieser Sache hat, und einige
Wochen angestrengter Arbeit, der gute Sache und der Wissenschaft opfert. Eine gedungene und bezahlte Arbeitskraft, wird ja schwerlich diese Arbeit anfertigen. Lust und Liebe zur Sache, eisernen Fleiß und Geduld und endlich die feste Überzeugung der Mit- besonders aber der Nachwelt etwas nützliches zu liefern, müßen die Triebfeder sein, die bei dieser trockenen Arbeit nicht erlahmen laßen.
Ob die Mit- und Nachwelt je einen Nutzen, einen Gebrauch und welchen von meiner Arbeit wird haben, weiß ich nicht, ist und bleibt mir auch ganz gleich! Ich habe in der besten, reinsten und uneigenütziges Weise und Absicht blos aus Liebe zur Sache, zur Autistischen Wissenschaft und zu meiner Gemeinde, mich dieser Riesenarbeit bereitwillig unterzogegen. Bitte dieselbe nur aufzubewahren ja allenfalls fortzusetzen! Es werden Zeiten und Leute kommen, die auch solche Arbeiten auszunutzen verstehen werden, denn ich bin in dieser Hinsicht gewiß kein Unikum !! Zahlen, -besonders die vergangenen Zeiten reden, und für denjenigen der solche versteht, eine sehr lehrreiche und behertzte Sprache.
Das Werk ist und bleibt so lange ich lebe, mein Privateigenthum. Nach meinem Tode hat dasselbe für meine Familie keinen Werth. Es soll daher in den Besitz der Kirche oder der Gemeinde übergehen. Ob dieselbe dann das Werk als nutz- und zwecklos der Vernichtung Preis geben will oder wird oder es als historisches Dokument und Urkunde aufbewahren will ist ihre Sache. Mir macht dieses weiter kein Kopfweh.
Szeghegy am 31 ten Jänner 1891
Johann Jauß
Gratis eingebunden am 7 ten Febuar durch den unterfertigten
Karl Burg
Lehrer

Die handschriftliche Tabelle |

Endgültige Form der Volkszählung |
In seinen Anmerkungen zur Volkszählung berichtete Johann Jauß über den
Ablauf der Volkszählung. Hier ist das damals für die Zählung verwendete zweisprachige offizielle Zählblatt.
Das Olympische Feuer
In den Nacht vom 20. auf den 21. Juli 1936 wurde die olympische Fackel entzündet.
Der Staffellauf vom Peloponnes bis zum Grunewald begann. Durch sieben Länder führte der eindrucksvollste Fackellauf aller Zeiten. Von Volk zu Volk, von Läufer zu Läufer wurde die Flamme weiter gegeben, über 3.000 km weit bis zur Stätte der XI. Olympischen Spiele in Berlin. über 3.000 Läufer trugen das Feuer. Sechzehn Tage und Nächte lang brannte das Feuer über der Stätte der Spiele, als Sinnbild ewig sich erneuernder Jugendkraft, als Sinnbild des Friedens. Griechenland, Bulgarien, Jugoslawien, Ungarn, österreich, Tschechoslowakei und Deutschland waren die Länder, durch die das Olympische Feuer getragen wurde. Etwa in der Mitte der Strecke kam es auch durch unsere Heimatorte Feketitsch und Sekitsch. Einige Augenblicke lang fühlten wir uns mit der ganzen Welt verbunden: Wir durften teilnehmen an jenem größten Ereignis des Jahres 1936.
Vielleicht nie vorher in seiner Geschichte war unser Sekitsch an den Pulsschlag der Geschichte so nah herangerückt wie im Jahr 1936, als in Berlin die XI. Olympischen Spiele stattgefunden haben. Aber nicht etwa weil aus Sekitsch aktive Sportler an den olympischen Spielen beteiligt gewesen wären. Beileibe nicht. Es war vielmehr die Tatsache, dass der Weg des olympischen Feuers, das auf dem Landweg von Athen nach Berlin getragen wurde, genau durch Sekitsch führte. Diese Tatsache war es, die Sekitsch mit dem historischen Ereignis auf das engste verband. Darüber hinaus war noch von besonderer Bedeutung, daß Sekitscher Sportler das olympische Feuer auf dieser Strecke von 3000 Kilometern trugen. Es waren zwar nur drei Sportler aus Sekitsch, denen diese Ehre bzw. dieses Glück zuteil wurde, aber immerhin, Sekitsch war beteiligt an diesem größten Staffellauf, den die Geschichte bis zum Jahre 1936 gekannt hat. Zwölf Tage und Nächte lang wurde das olympische Feuer von Athen aus quer durch Europa getragen. Kilometer reihte sich an Kilometer, und am Schluß hatte das Feuer 3000 Kilometer zurückgelegt. Es war dies ein Ereignis, das nicht nur die Welt sondern in diesem Rahmen auch unser verträumtes Sektisch ungewöhnlich bewegt hatte. Auf Sekitsch waren damals drei Kilometer dieses langen Weges entfallen und infolgedessen durfte Sekitsch drei Sportler abstellen, die durch die Gemarkung Sekitsch auf dem Weg zwischen Novi Sad und Subotica das Feuer zu tragen hatten. Der damalige Notar hatte zu bestimmen, wer das Feuer tragen durfte und seine Entscheidung fiel auf Paul Ohlicher, Hans Karbiner und Philipp März.
Zuerst bereiteten uns Läufern damals die tausend Meter, die wir zu laufen hatten, einige Sorgen, denn uns schien diese Entfernung schon fast astronomisch! Mit einem gewissen Fleiß schafften wir es aber doch, und Abend für Abend wurde an Hunsingers Mühle gestartet und in Richtung Vadas gelaufen.
Am 29. Juli 1936 kam dann das olympische Feuer durch Sekitsch. Wir Läufer und ganz Sekitsch fieberten dem Ereignis entgegen. Es kam nicht am Tag sondern mitten in der Nacht. Anfänglich war man darüber enttäuscht, weil man geglaubt hatte, am Tag mehr zu sehen. Dagegen war das Erlebnis bei Nacht viel tiefgründiger und eindrucksvoller. Es wurde für die drei Läufer und die Zuschauer zu einem eindrucksvollen Ereignis. Schon am frühen Abend waren unsere Musikanten in der Hauptstraße an verschiedenen Stellen der Strecke angetreten und spielten zur Unterhaltung auf, wie sich das in Sekitsch eben so gehörte. Die Hauptstraße war vom Strand bis zum Hegyescher Friedhof voller Menschen, die erwartungsvoll dem Ereignis entgegenfieberten. Wir Läufer waren ganz in weiß gekleidet. Ich erinnere mich noch ganz genau, dass mir abends beim Abendessen vor lauter Aufregung nichts mehr den Hals hinunter wollte. Meine Mutter, ängstlich um "ihren Bu" besorgt, meinte: "Eß nare mei Bu, sunscht fallscht schun no 500 Meter zamme, weil´d ke Kraft me hascht!" Ich fiel nicht zusammen und hatte auch Kraft.
Weil niemand die Ankunft des Feuers vorauszusagen wusste, herrschte bis gegen Mitternacht quälende Unruhe in Sekitsch und bissige Bemerkungen gingen um. Sagte der eine: "In Sentamarsch han die Race 's Feier ausgehn geloßt un des werd nix meh!"
Dann gegen 0.30 Uhr, kam Leben auf und alles war gespannt. Paul Ohlicher hatte als erster am Strand von den Feketitschern das Feuer übernommen. Ich werde es nie vergessen, als plötzlich ein Raunen durch die Menge ging und der Paul mit gemessenem Laufschritt in grelles Licht getaucht an Rotfuchse Apothek den Hang herunterkam und in seinem weißen Gewand strahlte. Der Wechsel klappte hervorragend und ich trug das olympische Feuer.
Ich glaubte, der Boden unter meinen Füßen schwankte, so ergriffen war ich, und ich lief die tausend Meter mit der Fackel in der Hand, als wäre ich jeder Erdenschwere enthoben, als würde ich von Flügeln getragen. Ich glaube, ich hätte die Fackel nicht nur die tausend Meter sondern fünftausend und mehr Meter getragen, ohne müde zu werden. Alle möglichen Zurufe hörte ich aus der Masse der Zuschauer, die anhaltend applaudierten.
Ich höre noch heute den Zuruf einer alten Frau vom Straßenrand:
"Jani tummel Dich mei Bu, sunscht fallscht zamme. Du bischt jo schun ganz bleech (blaß)!"
Am Hegyescher Friedhof wechselte ich mit Philipp März, der das Feuer dann schließlich an die Hegyescher weitergab.
Die ganze Wegstrecke war unser Freund Ludwig Schneider mit dem Fahrrad und einem Beil auf dem Gepäckträger mitgefahren, um nach dem Wechsel die Magnesiumfackel abzuhacken, weil man das Feuer des Magnesiums nicht löschen konnte. Ich erinnere mich ganz genau, dass viele Männer an die Stelle des Wechsels gekommen waren, um ihre Zigaretten "am olympischen Feuer anzuzünden!"
Jeder Läufer bekam als Lohn für sein Mitwirken einen Silberstahlständer mit der Fackel. Darüber hinaus erhielten wir vom Olympischen Kommitee in Berlin eine Urkunde über die Teilnahme am Fackellauf, unterschrieben vom Präsidenten des olympischen Kommitees, Staatssekretär Dr. Theobald Lewald. Lange bewahrten wir dieses einmalige Geschenk in unserer Wohnung auf, und es hatte immer einen besonderen Ehrenplatz. Die Erinnerung an dieses unvergeßliche Erlebnis wird kaum jemals ausgelöscht werden können, weil die Eindrücke so gewaltig waren und weil wir junge Burschen mit einem Male so nahe mit einem Ereignis verbunden waren, das ja bekanntlich die ganze Welt bewegte!
Hans Karbiner
Die Sekitscher 150 Jahrfeier vom 1. bis 2. August 1936
Ein Höhepunkt in der Sekitscher Geschichte war die 150 Jahrfeier. Sie wurde von einem extra gegründeten Festausschuss bestehend aus 33 Mitgliedern, dessen Vorsitzender David Bensinger war, gründlich vorbereitet und organisiert.
Im Gegensatz zur 100 Jahrfeier von 1886, von der abgesehen vom Buch "Szeghegy im ersten Jahrhundert seines Bestandes" keine Unterlagen vorhanden sind, geben uns viele Dokumente einen anschauliches Bild von den Feierlichkeiten.
Schon im Juni 1936 wurden alle Sekitscher durch den Festausschuss aufgerufen, aktiv an der 150 Jahrfeier teilzunehmen.
In einem Artikel aus dem Deutschem Volksblatt vom 2.8.1936 wird ausführlich über den Empfang einer Delegation des Schwäbisch-Deutschen Kulturbundes berichtet.
Es folgt nun ein Auszug aus diesem Bericht.
Die Hauptgasse war von einer unübersehbaren Menschenmenge besetzt. Alt und Jung war erschienen, recht viele begaben sich auf Wagen und Fahrrädern zur Bahn, um dem Empfang beizuwohnen. Um halb 7 Uhr abends lief der Zug auf der Station ein. Die Saarpfälzer waren unter der Leitung von Adam Krämer von der der Bundesleitung des Schwäbisch-Deutschen Kulturbundes in Sekitsch eingetroffen. Der Vorsitzende des Sekitscher Festausschusses, David Bensinger, richtete herzliche Begrüßßungsworte an sie. Ebenso herzlich hieß sie der Vorsitzende des Feketitscher Festausschusses, Christian Welker, willkommen.
Mit den bereitgestellten 30 Wagen ging es dann der Festgemeinde entgegen. Als die Wagenreihe in die Jubelgemeinde einfuhr, bot der Empfang ein überwältigendes Bild. Die Blechkapelle Walter spielte vor dem Gemeindehaus. Bald waren die Saarpfälzer von über 2000 Menschen umringt. Der Vorsitzende der Gemeinde, Heinrich Schübler, sprach herzliche Worte im Namen der Gemeinde Sekitsch und im Namen seiner Mitkämpfer um das Wohl der Gemeinde und wünschte den lieben Gästen, dass sie sich in Sekitsch recht wohl fühlen mögen.
Für die Gäste dankte Karl Herzog aus der Saar in bewegten Worten. Er sagte, die Saarpfälzer fühlen sich überaus glücklich, dass sie von Ihren Volksgenossen so herzlich empfangen wurden. Sie fühlten sich hier wie daheim, wie bei Brüdern und Schwestern. Sie überbrachten die Grüße von Saar und Rhein.
Die Ansprache wurde mit hellem Jubel aufgenommen. Der Spielmannszug der Gäste, junge blonde Buben aus der Saarpfalz, erregte mit seinen Fanfaren helle Begeisterung.
Welchen Umfang und welche Intensität die Feierlichkeiten anlässlich der 150 Jahrfeier angenommen hatten, zeigt ein Blick in das damalige Programm, das als Faksimile hier wiedergegeben wird.
2 Briefe von 1936
Herr Rolf Mayer hat uns freundlicherweise 2 Briefe aus Sekitsch zur Verfügung gestellt,die uns einige Einblicke in die Geschehnisse der Feier gewähren. Ganz Sekitsch war emsig damit beschäftigt, daß für alle so bedeutsame Fest vorzubereiten. Interessant ist auch, daß 150 Jahre nach der Ansiedlung die Kontakte zur alten Heimat nicht abgerissen sind b.z.w. diese neu gesucht wurden.